Große Klappe

Ich saß am Wochenende mit einer Freundin in einem Cafe bei heißer Schokolade die Herbstsonne genießen. Neben uns setzten sich eine kleine Gruppe mit einer Rottweiler Hündin.

Als andere Hunde an dem Café vorbei gingen schlug die Hündin massiv an. Sie bellte lautstark in die Richtung des Hundes und war ganz außer sich. Blickte dabei immer wieder zu ihrer Besitzerin. Nun war mir klar, warum sie ein scharfes Halsband und ein Geschirr gleichzeitig trug. Das deutliche Gewicht eines Rottweilers zieht bei so einem Alarm Besitzerin inklusive Stuhl durch den Biergarten. Das Spektakel spielte sich dann mehrfach bei jedem Hund, der vorbei ging, ab. Abwechselnd versuchte jeder mal sie durch verschiedene Methoden ruhig zu stellen.

Als die Gruppe ging, lachten die Erwachsenen darüber, dass die Hündin ja nur bellte aber im Kontakt doch ängstlich sei.

"Kläffen kann se aber dann kriegt se Schiss "

"Große Klappe hat se aber dann doch n Schwanz einziehen"

 

Mir ist diese Ansichtsweise bekannt und begreiflich. Aber mal anders betrachtet:

Da haben wir also eine Hündin sitzen, die andere Hunde wahrnimmt und dies kund tut. Sie scheint also die Fähigkeit zu haben Dinge, die sie als bemerkenswert einstuft, in dem Falle Artgenossen, wahrzunehmen und dem restlichen Rudel mitzuteilen. Ansich ja erstmal nichts, was man ihr vorwerfen kann oder? Jetzt wird ihr aber vorgeworfen, dass sie nach dem melden wieder schüchtern wird und sogar in der Konfrontation Ansgt bekommt.

Wenn man sich jetzt vorstellt, man ist mit der Fähigkeit ausgestattet im Außen wahrzunehmen und zu melden. Aber man besitzt nicht die Fähigkeit darüber Entscheidungen zu treffen oder getroffene Entscheidungen auszuführen. Stelle man sich dies vor, so ist man doch mit dem direkten Kontakt mit dem gemeldetem Objekt schlichtweg überfordert, oder?

Empfangsdame, Abteilungsleiter und Sachbearbeiter. Drei völlig unterschiedliche Positionen, die mit unterschiedlichen Kompetenzen besetzt werden müssen, sonst funktioniert es nicht.

Der Rottweiler Hündin wurde also vorgeworfen, sie kann zwar die Empfangsdame aber nicht den Abteilungsleiter und nicht den Sachbearbeiter.

 

Warum aber zieht sie dann in die Richtung der Hunde und ist kaum zu halten? Bevor sie dann im direkten Kontakt scheinbar Angst bekommt...

Es wäre anmaßend, würde ich hier die Situation der Rottweiler Hündin und ihrer Besitzerin erklären wollen. Bleiben wir also in dem Firmenbild:

Eine Empfangsdame versucht ihren Abteilungsleiter stetig über den Status vor dem Tresen in Kenntnis zu setzen und Feedback mit entsprechenden Entscheidungen zurück zubekommen. Ggf kommt er selbst oder ein Sachbearbeiter vorbei, um sich um Besuch und Post zu kümmern. Bekommt sie aber kein Feedback, entsteht für sie Chaos. Also entscheidet die Empfangsdame über den Tresen zu springen, um das alles selbst zu sortieren und die Firma zu retten. Stellt aber auf der anderen Seite fest, dass sie das eigentlich gar nicht kann und gerät in Angst.